Abgetaucht in Malaysia
      Eine der spannenden Fragen unserer Zeit ist natuerlich diejenige,
        wie man in einem muslimischen Land fuer ein Shampoo Werbung macht, wenn
        die Shapooneuse heftigst verhuellt wird durch diverse glaubensbedingte
        Stoffe. Noch viel spannender ist es allerdings, wonach Dinge schmecken,
        die aus Toepfen wie sie in Hogwarth verwendet werden, kommen. Am aller
        spannendsten ist aber die Beantwortung der Frage nach dem naechsten Langboot
        nach... Und hier ist ein Ort irgendwo an einem groesseren Flusslauf auf
        Borneo einzusetzen. Hier greifen einige Wirklich- und Wahrscheinlichkeitskonzepte
        auf wesentlich hoeheren Ebenen als gewohnt. Keine der Fragen wird im uebrigen
        in diesem Text beantwortet. 
         
           
         
        Zuallererst schnell die wichtigste Erkenntnis: Zehn kg Gepaeck fuer fuenf
        Wochen sind mindestens drei zuviel. Erstens, Moskitonetze helfen dort,
        wo sie wirklich gebraucht werden, auch nicht mehr. Zweitens, Regenjacken
        sind was fuer Warmduscher oder fuer Menschen, die nach einem 10-min Sturzregen
        einfach mehr nasses Zeug ausziehen wollen. Drittens hat man sich bei T-Shirtpreisen
        im dreistelligen Eurocent-Bereich schamlos uebers Ohr hauen lassen und
        ist selber schuld, wenn man diese aus Europa einschleppt. Viertens sind
        Flipflops fuer alle Gelegenheiten perfekt, selbst Blutegel werden schneller
        erkannt als in den von Leipzigs Globetrottvertrauten sicher nicht voellig
        selbstlos anempfohlenen Tretern. 
         
        Sechs Wochen bewegte ich mich durch Malaysia, kam bei den Menschen und
        bei mir an, fand, dass die Benutzung von Wasser und der linken (!) Hand
        um vieles hygienischer als Papier ist, konnte ohne Probleme einen halben
        Tag neben einem verrosteten oelfass/ Sandbank/ Bootssteg/ Busbahnhof/ Gegend
        sitzen und auf ein Fischerboot/ Kanu/ Taxi/ Bus/ Flugzeug warten und mich
        mit Menschen stundenlang unterhalten, wobei keiner ein Wort des anderen
        verstand.  
         
        Was noch? Asien erscheint mir jetzt fast winzig - oder besser - sehr eng
        miteinander verbunden. Die Versuchung, Einladungen nach Bali oder Komodo
        oder diversesten Jobangeboten nachzugeben war einige Male doch schon eher
        gross. Bei innerasiatischen Flugpreisen, die wahrscheinlich die Bahn ruinieren
        wuerden, erschient ploetzlich alles machbar, ist Entfernung nicht mehr eine
        Frage des Geldes, eine Frage der Zeit oder des Weges sondern nur noch
        eine nach dem Sinn. Und auf die Beantwortung dieser Frage sind Asiaten
        aller Glaubens- und Lebensvorstellungen spezialisiert. Die Ergebnisse
        sind mir nur zu unterschiedlich.  
         
        Viele Lebenskonzepte waren mir in diesen Wochen begegnet. Ich durfte teilhaben
        am Elend eines exbritischen Exbankers, der sich jetzt durch die Beaufsichtigung
        seiner Dienerschaft auf Bali ueberfordert fuehlt - zumal, wenn das doch
        eher bescheidene Anwesen nur zwei Monate im Jahr genutzt und ansonsten
        eher gereist wird. Ich weiss jetzt, dass man als Wahlbeobachter der Uno
        nicht nur ordentlich rumkommt sondern auch noch gut verdient, was wiederum
        Gutmenschseienden Wasserbringern auf Papua Guinea durch die lausige Bezahlung
        von australischen NGOs verwehrt wird. Ich weiss, dass die Enkel von geschassten
        malaysischen Finanzministern ein eher bescheidenes Leben zu fuehren haben
        und dass Kopftuecher sexy sind (Singlesexparkbaenke kommen dagegen bei den
        muslimischen Malaien irgendwie nicht so an, die dazu gehoerenden Verbotsschilder
        werden einfach ignoriert.). 
         
           
         
        Ich hatte (halb)touristisch dem wilden Buschmann ins Blasrohr geschaut,
        hatte einen Tag mit einem Barmaedchen und ihrem anschaffenden Bruder in
        einer Touristenbefriedigungsanstalt mittlerer Preis- und Leistungsklasse
        verbracht und dabei einen wirklich tiefen Einblick in die abstrusesten
        Beduerfnisse von nichtasiatischen Maennern oberhalb 20 bekommen - wenn auch
        nur aus zweiter Hand, aber das reichte. Ansonsten weiss ich jetzt, was
        es mit den chinesischen Vogelnestern auf sich hat, kenne die interkulturelle
        Hackordnung zumindest im Suedostasiatischen Raum (Phillipinos leider ganz
        unten).  
         
        Ich weis jetzt, dass, wenn in einer Region die Frauen besonders schoen
        sind, die Maenner eher zur Unansehnlichkeit neigen - und umgekehrt. Wahrscheinlich
        ist aeussere Schoenheit ein regional endliches Gut und irgendwie nicht gerecht
        unter die Geschlechter zu bekommen. Einzig in England wurde von diesem
        Prinzip abgewichen - beide Geschlechter wurden mies bedacht. Wichtig fuer
        den Feng Shuisten in mir war es zu erkennen, dass undichte Fester oder
        Decken nicht auf Armut oder Unzulaenglichkeit des Bewohnenden schliessen
        lassen, sondern im Gegenteil geldwerte Energiestroeme ins Haus lassen.
        Ist doch auch eine schoene Erklaerung, oder? Na ja, ist irgendwie doch etwas
        anders und vor allem komplizierter. Wer mehr dazu wissen moechte, wende
        sich einfach an seinen naechsten Feng Shui Berater.  
         
        Ja, was noch? Viel Ying, traumhafte und traumatisierende Landschaften
        sowohl unter als auch ueber der Wasserlinie, die Erkenntnis, dass Wirklichkeit
        einer der subjektivsten Erscheinungen zu sein scheint - zumindest diejenige
        der zweiten Ordnung.  
         
        Und dann die vielen Geschichten, die einfach entstanden oder sich auch
        jetzt gerade in meinem Kopf formulieren. Ein paar brachte ich mit, viele
        liess ich zurueck, und einige dachte ich mir einfach aus.  
         
        Ja, warum war ich eigentlich in Malaysia? Zum Tauchen, genau. Die Traumerei
        war dort im uebrigen tauchhaft.  
        top 
       |